Veröffentlicht 18.06.2023

Die suche nach neuem THC-Grenzwert!
Dosis-Wirkungsbeziehung bei THC.....

Neuer THC-Grenzwert oder nicht? Die suche geht weiter.

THC-Grenzwert.

Cannabis-Legalisierung und dessen mögliche Folgen für Sie als Fahrerlaubnisinhaber.

Bevor wir zu dem THC-Grenzwert kommen, sollten wir uns mal die Motivation der Koalitionspartner anschauen, warum Cannabis legalisiert werden sollte und wie es sich auf den Straßenverkehr auswirken kann.

Die Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wird laut gemeinsamem Vertrag „in Umsetzung der Vision Zero“ das Verkehrssicherheitsprogramm weiterentwickeln.

Ziel der Vision Zero ist, dass es keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr mehr gibt.

Auch wenn bei der Umsetzung der Vision Zero der Fokus zunächst auf technischen Verbesserungen liegt, so bleibt der Mensch, der „nicht fehlerfrei handelt, auch, weil seine physische Belastbarkeit begrenzt ist, zentraler Bestandteil des Straßenverkehrssystems. Hält man an diesem Ziel fest, dann sollte eher überlegt werden, den Grenzwert für den Alkohol auf 0,2 Promille zu senken (entspricht dem Alkoholverbot für Fahranfänger), als vom derzeit gültigen analytischen Grenzwert für THC abzuweichen.

Will man hingegen, dass weniger derjenigen THC-Konsumenten  verkehrsrechtlich belangt werden, die Cannabis in einem Ausmaß „genießen", dass auch noch nach ca. einem Tag so viel Rest-THC im Körper vorhanden ist, dass Blutserumkonzentrationen bei mindestens 1 ng/ml liegen, dann müsste tatsächlich der Grenzwert um einige „ng/ml-Punkte" hochgesetzt werden.

Ob es realistisch ist und wie die Chanzen stehen einen höheren THC-Grenzwert zu erhalten lesen Sie bitte im folgenden Beitrag.

Die suche nach neuen THC-Grenzwerten!
Dosis-Wirkungsbeziehung bei THC

Der derzeit in Deutschland gültige THC-Grenzwert zum Führen eines Kraftfahrzeugs (Ordnungswidrigkeitsbereich) für THC in Blutserum von 1 ng/ml wurde 2002 durch die Grenzwertkommission festgelegt und durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes 2004 bestätigt.

Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob seit 2004 neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen wurden, die eine Anpassung dieses THC-Grenzwerts rechtfertigen würden. Es wird einerseits auf die Beziehung einer definierten THC-Dosis zu der zu erwartenden Blutserumkonzentration eingegangen sowie andererseits auf die Beziehung der THC-Blutserumkonzentration zu der daraus resultierenden Wirkung inkl. der Wirkung auf das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die vorhandene Datenlage nicht ausreicht, um auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse THC-Grenzwerte zu definieren, die sich mit den bekannten Alkoholgrenzwerten vergleichen ließen. Die Frage einer Anhebung des aktuellen THC-Grenzwerts und/oder die Schaffung ggf. neuer THC-Grenzwerte ist somit zuvorderst eine politische Frage und keine wissenschaftliche.

Neue THC-Grenzwerte?

In der Begründung zur Änderung des S 24a(2) StVG des Strafgesetzbuches im Jahr 1995 (Drucksache 456/95) heißt es unter anderem:

„Da derzeit Dosis-Wirkungsbeziehungen - wie beim Alkohol - nicht festgestellt werden können, ist es nicht möglich, THC-Grenzwerte festzulegen. Dies rechtfertigt einen Gefährdungstatbestand, der ein allgemeines Verbot ausspricht. Auf eine tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit im Einzelfall kommt es dabei nicht an"

Dies wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet. In seinem Beschluss vom 21.12.2004 (1 BvR 2652/03) wird diesbezüglich ausgeführt: „Die Gesichtspunkte, vor allem der Umstand, dass sich bei einzelnen Drogen anders als beim Alkohol die Dosis-Wirkungsbeziehung derzeit nicht quantifizieren lässt, sind so gewichtig, dass sie die unterschiedliche Regelung sachlich zu rechtfertigen vermögen"

Es stellt sich ca. 20 Jahre später die berechtigte Frage, ob es der Forschung inzwischen gelungen ist, exakte THC-Grenzwerte z. B. für den Cannabiswirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) zu formulieren. Mehrere Arbeitskreise des deutschen Verkehrsgerichtstages (VGT) haben sich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit THC-Grenzwerten befasst, ohne den derzeit gültigen Grenzwert für THC von 1 ng/ml Serum infrage gestellt zu haben.

Lediglich bei der Feststellung des fehlenden Trennungsvermögens empfahl ein Arbeitskreis, einen zweiten Grenzwert für THC von 3 ng/ml Blutserum einzuführen.

Dieser Empfehlung ist das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11.4.19 (BVerwG C 14.17) jedoch nicht gefolgt, da, so der Tenor, nach

„allgemein zugänglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen die medizinisch-toxikologische Annahme nach wie vor zutrifft, es könne bereits ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum zu fahrsicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen beim Führen eines Kraftfahrzeugs kommen" .

Das Trennungsgebot werde nicht erst dann verletzt, „wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt". Es bedarf daher der Klärung, ob es inzwischen neue wissenschaftliche Erkenntnisse dahingehend gibt, dass eine Dosis-Wirkungsbeziehung für THC genau beschrieben werden kann bzw. ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die eindeutig belegen, dass die „medizinisch-toxikologische Annahme: "es könne bereits ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum zu fahrsicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen beim Führen eines Kraftfahrzeugs kommen", nicht zutreffend ist. Zu diesen beiden Aspekten wurde die aktuelle Studienlage geprüft. Auf Grundlage dieser Daten sollte geprüft werden, ob für THC ein anderer, d. h. von dem derzeit gültigen 1 ng/ml Blutserum abweichender Grenzwert festgelegt werden kann.

Beziehung zwischen Dosis und Blut(serum)konzentration (THC-Grenzwert)

Die Aufnahme von THC zu Genusszwecken (der Begriff „zu Genusszwecken" findet sich so im Koalitionsvertrag" erfolgt ganz überwiegend durch Inhalation der durch Verbrennen oder Erhitzen von Cannabisprodukten entstehenden Dämpfe.

Die orale Aufnahme z. B. durch Essen von Cannabisgebäck oder die auch denkbare transdermale Resorption des Wirkstoffs soll im Rahmen dieses Beitrags nicht weiter thematisiert werden. Da Cannabisprodukte, wenn sie nicht für medizinische Zwecke angeboten werden, in der Regel weder mit Gehaltsangaben noch als homogenes Produkt verkauft werden, bleibt die THC-Dosis, die konsumiert wird, eine unbekannte Größe. Somit beschränken sich Angaben zur Dosis auf Konsumeinheiten (Anzahl Joints).

Aus den üblichen Angaben zum Konsum kann jedoch nicht verlässlich auf die THC-Dosis rückgeschlossen werden. Denn selbst dann, wenn, so wie dies bei standardisierten Cannabis-Zigaretten, die bei wissenschaftlichen Versuchen mit konsumerfahrenen Freiwilligen zum Einsatz kommen, der Fall ist, der THC-Gehalt exakt bekannt ist, kommt es während des Rauchvorgangs zu unkalkulierbaren Wirkstoff verlusten. In der Glutzone der Zigarette werden bei den dort zeitweise herrschenden sehr hohen Temperaturen Teile der Cannabinoide durch Pyrolyse zerstört. Ein Teil des THC geht über den Rauch während des einige Zeit in Anspruch nehmenden Konsumvorgangs verloren und ein weiterer Teil des THC bleibt im Zigarettenstummel zurück.

Auch die Kenntnis des THC-Gehalts des inhalierten Rauchs würde keine sichere Auskunft darüber liefern, wie viel THC letztlich auch resorbiert wurde. Die Art und Weise, wie der Rauch eines Zuges an einer Zigarette inhaliert und in der Lunge gehalten wird, lässt sich allenfalls unzureichend normieren, die Bioverfügbarkeit über die Lunge liegt im Bereich von 20 %, wobei die Schwankungsbreite zwischen 6 und 56 % liegt. Konsequenterweise sieht man selbst bei standardisierten wissenschaftlichen Versuchen mit Freiwilligen, die mit einer definierten Menge an THC dotierte Zigaretten nach einem standardisierten Schema rauchen, letztlich stark schwankende THC-Konzentrationen im Blut. So wurden bei einer THC-Dosierung von 0,3 mg/kg Körpergewicht nach ca. 0,5 Stunden / 23-35 Minuten im Blutserum THC-Konzentrationen zwischen 7 und 117 ng/ml  festgestellt.
Auch bei Einsatz eines Vaporisators (125 mg Cannabisprodukt mit 13,5 mg THC) lagen die THC-Konzentrationen im Blutplasma nach 30 Minuten bei den einzelnen Personen zwischen 8,1 und 88,6 ng/ml.

Fazit 1:

Die Kenntnis der Dosis eines Cannabisproduktes liefert keine ausreichend gesicherten Rückschlüsse auf die THC-Konzentration im Blutserum, sodassfolglich auch nicht von einer Dosis-Wirkungsbeziehung ausgegangen werden kann. Alle Studien zur Wirkung von THC, die aufaufivendige Blutuntersuchungen zur Bestimmung der Wirkstoffonzentration verzichten, sind ungeeignet, um Fragen zu Zusammenhängen zwischen Blutserumkonzentration und Wirkung bzw. Beeinträchtigung der Fahrsicherheit ausreichend zuverlässig beantworten zu können. Derartige Studien liefern aber wichtige Erkenntnisse dazu, mit welchen Wirkungen grundsätzlich nach einem Konsum von Cannabisprodukten gerechnet werden kann.

Beziehung zwischen der Blut(serum)konzentration und der Wirkung (THC-Grenzwert)

Wenn es kaum möglich ist, von der Dosis auf die Blutkonzentration zu schließen, dann stellt sich die Frage, welche Rückschlüsse stattdessen die Blutkonzentration auf die Wirkung erlaubt. Das THC wird sehr schnell und effektiv aus dem Blut (zentrales Kompartiment) in tiefere Kompartimente (fettreiche Gewebe) verteilt; das Verteilungsvolumen (bezogen auf das Körpergewicht) erreicht Werte von 10 und mehr 1/kg. Folglich sagt die im Blut/Blutserum gemessene THC-Konzentration nur wenig darüber aus, wie hoch die tatsächliche Wirkstoffmenge im Körper ist. Aufgrund dieser intensiven Verteilung erscheint es so, als würde THC zunächst sehr schnell, in der finalen Phase jedoch bemerkenswert langsam eliminiert; die Halbwertszeit im Blut liegt zunächst unter einer Stunde, steigt später aber auf über einen Tag an. Die Blutkonzentration-Zeit-Kurve spiegelt daher weniger die tatsächliche Ausscheidung des THC wider, sondern mehr dessen Verteilung und Umverteilung im gesamten Körper. Es ist daher schwierig, aus der Blutkonzentration auf die am Wirkort vorhandene Konzentration und damit auf die Wirkung zu schließen.

Eine weitere Besonderheit bei diesem berauschenden Mittel ist die Tatsache, dass der Mensch über ein spezielles Endocannabinoid-System verfügt, für das THC einen Liganden darstellt. Es handelt sich um ein komplexes neuronales System, welches an einer Reihe biologischer Funktionen beteiligt ist und Effekte wie Aufmerksamkeit, Angst, Stimmung, Gedächtnis, Appetit oder Immunreaktionen reguliert. Das THC lagert sich im Gehirn an dort vorhandene CB 1Rezeptoren an, was komplexe Folgereaktionen auslöst. Akut wird die Ausschüttung von Neurotransmittern wie Dopamin bzw. Serotonin beeinflusst, langfristig (bei regelmäßigem Konsum) können Rezeptoren wie z. B. serotonerge Rezeptoren verändert werden. Dies erklärt zumindest einige der vielfältigen Symptome, die bei einer akuten Einwirkung von THC oder nach chronischem Konsum von Cannabisprodukten beobachtet werden.

Das Ausmaß, insbesondere der akuten Effekte, dürfte daher von der lokal im Bereich der CannabinoidRezeptoren vorhandenen THC-Konzentration abhängen. Es darf angenommen werden, dass diese Konzentration in einem gewissen Verhältnis zur Blutserumkonzentration steht. Die Beobachtung, dass zumindest in der ersten Zeit nach einem Konsumereignis die ITIC-Blutsemmkonzentration schon wieder abfällt, bevor die Wirkintensität ihr Maximum erreicht hat, zeigt jedoch die Grenzen dieser Annahme.

Vergleichbares kennen wir so von Alkohol, besser vom Ethanol, nicht. Auch kennen wir beim Ethanol nicht, dass sich ein wirksamer Metabolit in relevanten Mengen bildet. Dies ist aber bei THC der Fall. Das Stoffwechselprodukt und Cannabinoid Il-Hydroxy-THC beeinflusst seinerseits die Effekte, die sich nach einem Cannabiskonsum zeigen. Auch die bei einem Cannabiskonsum aufgenommenen sonstigen in der Pflanze enthaltenen Wirkstoffe dürften die letztlich vom Konsumenten gezeigten Symptome verändern. Es bedarf aufgrund der Komplexität der Kinetik und Dynamik von THC weiterer aufwendiger, experimenteller Studien, um die Wirkungen und Wechselwirkungen, die nach dem Konsum eines Cannabisprodukts individuell auftreten können, statistisch einwandfrei beschreiben zu können.

Fazit 2:

Die Kinetik und Dynamik von THC ist komplex und die Studienlage bisher noch zu dünn, um die Blutserumkonzentration Wirkungsbeziehung in der für die Festlegung von Grenzwerten benötigen Präzision zu charakterisieren.

Daher ist aus wissenschaftlicher Sicht estmal kein neuer THC-Grenzwert zu erwarten.

Hier sind einige Beispiele für THC-Grenzwerte in einigen europäischen Ländern:

Deutschland: In Deutschland liegt der THC-Grenzwert im Straßenverkehr bei 1 ng/ml im Blutserum. Wenn dieser Wert überschritten wird, gilt dies als Straftat und kann zu einer Geldstrafe, dem Entzug der Fahrerlaubnis und anderen Sanktionen führen.

Niederlande: In den Niederlanden gilt ein THC-Grenzwert von 3 ng/ml im Blut für gelegentliche Nutzer von Cannabis. Für regelmäßige Nutzer gibt es keinen festen Grenzwert, und es wird eine individuelle Bewertung vorgenommen, ob der Fahrer fahrtüchtig ist.

Frankreich: In Frankreich liegt der THC-Grenzwert bei 1 ng/ml im Blutserum. Überschreitungen dieses Grenzwerts werden als Verkehrsstraftat eingestuft und können zu Bußgeldern, Fahrverboten und anderen Sanktionen führen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die THC-Grenzwerte und die entsprechenden Gesetze im Straßenverkehr von Land zu Land unterschiedlich sein können. Es ist ratsam, sich über die aktuellen Vorschriften des jeweiligen Landes zu informieren, um genaue Informationen zu erhalten.

Zusätzlich ist zu beachten, dass in einigen Ländern auch andere Kriterien wie das Vorhandensein von THC-COOH (ein Abbauprodukt von THC) im Blutserum berücksichtigt werden können, um den Konsum von Cannabis im Straßenverkehr nachzuweisen.


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